Theorie:
Wir haben im letzten Abschnitt gesehen, was es bedeutet, wenn eine Folge einen Grenzwert besitzt und gegen diesen konvergiert. Nun kann man auch für unendliche Reihen ein ähnliches Konzept einführen. Wir illustrieren das zunächst anhand eines Beispiels.
Wir sind in den vorigen Kapiteln bereits der geometrischen Summe begegnet. Erinnern wir uns zunächst an das Summensymbol: So ist
\(\displaystyle \sum_{i=0}^{16} 0,4^{i}\)
eine kompakte Schreibweise von
\(0,4^0+0,4^1+0,4^2+\cdots+0,4^{15}+0,4^{16}\).
Und in den vorigen Kapiteln haben wir bereits gesehen, dass das eine geometrische Summe ist, und dass diese sich vereinfachen lässt. Es gilt nämlich
\(\displaystyle \sum_{i=0}^{16} 0,4^{i}= \frac{1-0,4^{17}}{1-0,4}\).
Nun stellt sich die Frage, was passiert, wenn wir nicht nur bis \(i=16\) summieren, sondern bis zu einer beliebig großen natürlichen Zahl \(N\in\mathbb N\). Klarerweise gilt genau wie in der obigen Formel
\(\displaystyle \sum_{i=0}^N 0,4^{i}= \frac{1-0,4^{N+1}}{1-0,4}\).
Was passiert nun, wenn wir \(N\to \infty\) gehen lassen? Schreiben können wir das als
\(\displaystyle \lim_{N\to\infty}\sum_{i=0}^N 0,4^{i}=\sum_{i=0}^\infty0,4^{i}= \lim_{N\to\infty}\frac{1-0,4^{N+1}}{1-0,4}\).
Auf der linken Seite bedeutet das einfach, dass wir nun über unendlich viele Summanden aufsummieren, wir nennen das dann eine unendliche Reihe. Die rechte Seite ist jedoch keine Reihe, sondern die Ausdrücke \(\frac{1-0,4^{N+1}}{1-0,4}\) sind Glieder einer Folge, mit Index \(N\). Auf der rechten Seite brauchen wir also nur den Grenzwert dieser explizit gegebenen Folge bestimmen. Wegen \(0<0,4<1\) konvergiert \(0,4^N\) gegen \(0\), wenn \(N\to\infty\). Das impliziert also
\(\displaystyle \lim_{N\to\infty}\frac{1-0,4^{N+1}}{1-0,4}=\frac{1-0}{1-0,4}=\frac{1}{0,6}\).
Wir können also die unendlich vielen Potenzen von \(0,4\) aufsummieren (also die unendliche Reihe \(\sum_{i=0}^\infty0,4^{i}\) bilden), und bekommen dann den Wert \(\frac{1}{0,6} \approx 1,67\) heraus! Wir sagen in diesem Fall, dass die unendliche Reihe konvergiert. Formulieren wir das nun allgemeiner.
Ist \(\langle a_n\rangle\) eine Folge, so kann man den Ausdruck \(\sum_{i=0}^\infty a_i\) definieren, man nennt ihn (unendliche) Reihe. Salopp gesagt summiert man einfach über alle Folgenglieder auf.
Für ein \(N\in \mathbb N\) heißt die zugehörige endliche Summe
\(s_N:=\displaystyle\sum_{i=0}^N a_i\)
die \(N\)-te Partialsumme der Reihe.
Im Falle des obigen Beispiels ist die \(N\)-te Partialsumme der geometrischen Reihe gleich \(\frac{1-0,4^{N+1}}{1-0,4}\). Es war die Konvergenz dieser Partialsummen für \(N\to\infty\), die uns zur Konvergenz der zugeörigen geometrischen Reihe geführt hat:
Eine Reihe heißt konvergent, wenn die Folge der Partialsummen \(\langle s_N\rangle\) für \(N\to \infty\) konvergiert. Der Grenzwert der Partialsummen ist der Wert der Reihe.
Die obige geometrische Reihe ist konvergent, und ihr Wert ist \(\frac{1}{0,6}\). Natürlich konvergiert nicht jede Reihe. Es gibt einige Kriterien, die einem bei der Untersuchung der Konvergenz von Reihen helfen können. Auf die meisten werden wir hier nicht eingehen. Ein Kriterium ist jedoch auch intuitiv gut ersichtlich. Will man, dass eine Reihe konvergiert, sollten die Summanden "klein genug" sein. Sonst hat man keine Chance, die Reihe über die unendlich vielen Summanden zu bilden und dann noch einen (endlichen) Wert zu erhalten. So ist die Reihe \(\sum_{i=0}^\infty 2\) (man addiert "unendlich oft" \(2\) auf) nicht konvergent, denn die \(N\)-te Partialsumme ist \(2(N+1)\). Die Partialsummen divergieren!
Damit eine Reihe \(\sum_{i=0}^\infty a_i\) konvergiert, muss die Folge der Summanden \(\langle a_i\rangle\) gegen \(0\) konvergieren. Ist das nicht erfüllt, konvergiert die Reihe nicht.
Dass wir für die Partialsummen im Fall der geometrischen Reihe explizit angeben können, ist ein glücklicher Zufall, für viele Reihen kann man das nicht machen.
Wichtig!
Für jede konvergente Reihe muss gelten, dass die Folge der Partialsummen gegen null konvergiert. Ist das der Fall, bedeutet das aber noch nicht, dass die Reihe auch tatsächlich einen (endlichen) Grenzwert hat.