Theorie:

Wir haben gesehen, dass die Funktion der Momentangeschwindigkeit die Ableitung der Wegfunktion ist:
\[ v(t) = s'(t) \,. \]
Außerdem ist die momentane Beschleunigung die Ableitung der momentanen Geschwindigkeit, und damit ist sie auch die zweite Ableitung der Wegfunktion:
\[ a(t) = v'(t) = s''(t) \,. \]
Durch Ableiten kommen wir also von \(s(t)\) auf \(v(t)\) und \(a(t)\) in der Reihenfolge:  \(s(t) \rightarrow v(t) \rightarrow a(t) \).
 
Was ist aber, wenn die Wegfunktion nicht gegeben ist, sondern z.B. die Geschwindigkeit oder die Beschleunigung? In diesem Fall müssen wir von der Ableitung zurück auf die ursprüngliche Funktion schließen. Dieses Problem kennen wir aber schon; es ist die Suche nach der Stammfunktion oder dem unbestimmten Integral.
 
Beispiel:
Nehmen wir an, wir kennen die Geschwindigkeitsfunktion \(v(t) = 10t-6\,\). Unsere Beschleunigungsfunktion erhalten wir problemlos durch Ableiten. Für die Wegfunktion müssen wir aber das unbestimmte Integral bilden:
\[ s(t) = \int v(t) dt = 5t^2 - 6t + C \,. \]
Wir sehen, dass wir eine zunächst noch unbekannte Konstante \(C\) erhalten. Was der Sinn dieser Konstante ist, sehen wir, wenn wir \(t=0\) in die Wegfunktion einsetzen:
\[ s(0) = 5\cdot 0^2 - 6\cdot 0 + C = C \,.\]
\(C\) ist also die Wegstrecke, bei der das bewegte Objekt zum Zeitpunkt \(t=0\) startet. Wenn es nicht ausdrücklich anders in der Aufgabe angegeben ist, können wir davon ausgehen, dass die Wegstrecke bei null startet, weil in der Regel nur die innerhalb der Zeit ab \(t=0\) zurückgelegte Strecke interessiert. In diesem Fall können wir \(s(0) = C = 0\) annehmen und die Konstante weglassen.
 
Ist uns die Beschleunigungsfunktion gegeben, müssen wir schon die Geschwindigkeitsfunktion als unbestimmtes Integral daraus ermitteln.
 
Beispiel:
Wir nehmen an, die Beschleunigung ist uns gegeben durch die Funktion \(a(t) = \frac12 t\).
Die Geschwindigkeitsfunktion ist dann die Stammfunktion
\[ v(t) = \int a(t) dt = t^2 + C \,.\]
Was ist hier die Bedeutung der Konstante?
Auch diese Frage lösen wir durch Einsetzen von \(t=0\), diesmal in die Geschwindigkeitsfunktion:
\[ v(0) = 0^2 + C = C \]
Hier ist \(C\) also die Geschwindigkeit zur Zeit \(t=0\) - das ist die Anfangsgeschwindigkeit. Diese ist nicht unbedingt gleich Null, und sie wird in der Physik oft mit \(v_0=v(0)\) bezeichnet. In unserem Beispiel hätten wir also
\[ v(t) = \int a(t) dt = t^2 + v_0 \,.\]
Um unsere Geschwindigkeitsfunktion vollständig anzugeben, brauchen wir die Anfangsgeschwindigkeit als zusätzliche Information. Oft ist diese dann in der Angabe enthalten. Steht z.B. in der Aufgabe, dass "aus dem Stand" beschleunigt wird, heißt das, dass die Anfangsgeschwindigkeit gleich null ist. In diesem Fall dürfen wir \(v_0=0\) setzen und die Konstante weglassen.
 
Zusammengefasst haben wir folgende Situation: Je nachdem, welche der drei Funktionen gegeben ist, erhalten wir die anderen entweder durch Ableiten (Differenzieren) oder durch Bilden der Stammfunktion (Integrieren):
 
Wegfunktion\(s(t)\)\(s(t)=\int v(t)dt\)
 \(\downarrow\) Differenzieren\(\uparrow\) Integrieren
Geschwindigkeitsfunktion\(v(t)=s'(t)\)\(v(t)=\int a(t)dt\)
 \(\downarrow\) Differenzieren\(\uparrow\) Integrieren
Beschleunigungsfunktion\(a(t)=v'(t)=s''(t)\)\(a(t)\)
 
Wenn Stammfunktionen gebildet werden müssen, sollten die Konstanten wie gesagt aus der Aufgabenstellung hervorgehen.