Theorie:

Aufstände im Ostblock
Nach der Einrichtung der Volksdemokratien in Osteuropa gab es immer wieder mehr oder weniger offenen Widerstand gegen die kommunistische Vorherrschaft, welche von dieser als sträfliche "Konterrevolution"eingestuft wurden.
 
Zu den wichtigsten Versuchen einer Loslösung von der Vorherrschaft Moskaus zählen:
     - der Ausschluss Jugoslawiens aus dem Komiform (1948)
     - der Aufstand der Ostberliner Bevölkerung (17. Juni 1953)
     - der Aufstand in Ungarn unter dem Reformkommunisten Imre Nagy (1956)
     - der Prager Frühling unter Alexander Dubcek (August 1968) und
     - der Grenzkonflikt zwischen der UdSSR und der Volksrepublik China am Ussuri (1969)
 
Da der Ausschluss Jugoslawiens aus dem Komiform und der Aufstand der Ostberliner Bevölkerung bereits in vorhergehenden Kapiteln behandelt wurden, werden in diesem Kapitel der Aufstand in Ungarn, der Prager Frühling und der Grenzkonflikt zwischen der UdSSR und der VR China behandelt.
 
Der Aufstand in Ungarn unter dem Reformkommunisten Imre Nagy im Jahr 1956
Der 20. Parteitag der KPdSU hatte großen Einfluss auf die Entwicklungen in Ungarn. Auf diesem Parteitag hatte Chruschtschow nicht nur den Personenkult um Stalin angeprangert, er zweifelte auch an, dass der Weg der Sowjetunion zur Vollendung des Kommunismus der einzig richtige sei. Einige kommunistischen Parteien im Ostblock glaubten nun, ihren eigenen, unabhängigen Weg gehen zu können. In Ungarn brach daraufhin ein Aufstand gegen die moskautreue Regierung aus.
 
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Abb. 1 Brennender sowjetischer Panzer in den Straßen Budapests, 1956
 
Der ungarische Reformkommunist Imre Nagy wurde neuer Ministerpräsident, bildete eine Mehrparteienregierung und versprach die Abhaltung freier Wahlen. Die sowjetische Regierung schien zunächst bereit, diese Entwicklung zu akzeptieren.
 
Als Ungarn jedoch seinen Austritt aus dem Warschauer Pakt bekannt gab und die Neutralität nach dem Vorbild Österreichs proklamierte war der Bogen überspannt: Eine moskautreue Regierung unter Janos Kadar wurde aufgestellt und die Rote Armee marschierte in Ungarn ein. Gleichzeitig kam es zu Übergriffen seitens der Aufständischen gegen einfache Kommunisten, regierungstreue Soldaten und Beamte, vor allem durch die Anhänger des ehemaligen ungarischen Faschistenführers Horthy, der mit Hitler kollaboriert hatte.
 
Die Bevölkerung Ungarns, die vergeblich auf westliche Hilfe gehofft hatte, musste sich nach tagelangen Kämpfen ergeben. Der Freiheitskampf des ungarischen Volkes hatte 20.000 Tote gekostet und zur Flucht von 200.000 Menschen, vor allem nach Österreich, geführt. Imre Nagy wurde hingerichtet.
 
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Abb. 2 Der ungarische Reformkommunist Imre Nagy
 
Der Prager Frühling unter Alexander Dubcek (August 1968)
Nach der langen stalinistischen Phase gelangte mit Alexander Dubcek ein Mann an die Spitze der tschechoslowakischen KP, der einen "Kommunismus mit menschlichem Antlitz" schaffen wollte.
 
Eine Welle enthusiastischer Reformbegeisterung ging während des "Prager Frühlings" über das Land. Die Pressezensur und das Versammlungsverbot wurden aufgehoben, eine Wirtschaftsreform sollte den Weg zwischen Zentralplanwirtschaft und freier Marktwirtschaft ermöglichen.
 
Als Dubcek aber freie Wahlen ankündigte, wurde Moskau misstrauisch und befürchtete, dass die Tschechoslowakei aus dem Ostblock ausscheren könnte. Im August 1968 befahl Leonid Breschnew den Einmarsch in die Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Pakts. Gerechtfertigt wurde dieser Einmarsch durch die Breschnew-Doktrin in der die begrenzte Selbstständigkeit der sozialistischen Staaten zu Gunsten der Einheit des kommunistischen Lagers festgeschrieben war.
 
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Abb. 3 Einwohner von Prag mit der tschechoslowakischen Flagge vor einem sowjetischen Panzer
 
Die tschechoslowakische Bevölkerung leistete verzweifelt passiven Widerstand, und es kam zu vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen der Zivilbevölkerung und der Roten Armee. Auch die kommunistischen Parteien des Westens protestierten heftig gegen diesen "Panzerkommunismus". Alexander Dubcek wurde trotzdem abgesetzt und durch eine moskautreue Regierung ersetzt.
 
Der Grenzkonflikt zwischen der UdSSR und der VR China am Ussuri (1969)
 
Am folgenreichsten für den Weltkommunismus wurde aber der Gegensatz zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China.
  
Mao Tse-Tung lehnte die sowjetische Bevormundung ab und war nicht mehr bereit, die Linie seiner Partei durch Moskau bestimmen zu lassen. Anlass zum Bruch bot die Entstalinisierung. Mao warf der Moskauer Parteiführung um Chruschtschow Verrat am Sozialismus vor. Der sowjetischen Entspannungspolitik mit ihrem Grundsatz der "Friedlichen Koexistenz" stellte er seine Auffassung entgegen, dass sämtliche revolutionäre Bewegungen nötigenfalls auch militärisch unterstützt werden müssten.
 
So trat neben Moskau, das bisher die Alleinführung des Weltkommunismus beansprucht hatte, Peking als zweite Zentrale, nach der sich kommunistische Parteien orientieren konnten. Als Peking schließlich zur Atommacht wurde, war der Bruch mit der Sowjetunion vollständig.
 
Höhepunkt dieses Konfliktes waren Grenzkämpfe im Jahr 1969 am sibirischen Flus Ussuri, der die Grenze zwischen der UdSSR und China markierte.
 
Quellen:
Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fortepan_12830_R%C3%A1k%C3%B3czi_%C3%BAt_-_Ak%C3%A1cfa_utca_sarok._Ki%C3%A9gett_szovjet_BTR-152_p%C3%A1nc%C3%A9lozott_l%C3%B6v%C3%A9szsz%C3%A1ll%C3%ADt%C3%B3_j%C3%A1rm%C5%B1..jpg (10.05.2016)
Abb. 2 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nagy_Imre_igazolv%C3%A1nyk%C3%A9p.jpg (10.05.2016)
Abb. 3 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:10_Soviet_Invasion_of_Czechoslovakia_-_Flickr_-_The_Central_Intelligence_Agency.jpg (10.05.2016)