Theorie:

Peter Altenberg (1859 - 1919)
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Altenberg hieß eigentlich Richard Engländer. Er war ein Meister impressionistischer Kleinkunst und verstand es, als ausgezeichneter Beobachter und Meister der Sprache Szenen aus dem Wiener Alltag mit wenigen, aber inhaltsreichen und markanten Worten zu schildern. "Wie ich es sehe", "Was der Tag mir zuträgt", "Bilderbögen des kleinen Lebens" heißen seine Sammlungen impressionistischer Skizzen, die oft fast im Telegrammstil gehalten sind und dabei doch mit äußerster Sparsamkeit an Worten "den Nagel auf den Kopf" treffen.

 

Stefan Zweig (1881 - 1942)

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Das Haus von Stefan Zweig in Brasilien

Zweig war jüdischer Abstammung und ist in Wien geboren. Er ist weit gereist, musste emigrieren und verübte schließlich im Exil in Brasilien Selbstmord. Als überzeugter Pazifist sah er in Europa sein Vaterland. Er war Kulturessayist und Biograf ebenso wie Dichter.

Zweig begann als Impressionist und versuchte wie Schnitzler, menschliche Empfindungen psychologisch zu zergliedern und erotische Probleme zu erfassen. In dieser Art sind seine frühen Gedichtsammlungen "Silberne Saiten", "Die frühen Kränze" und seine Novellen "Erstes Erlebnis", "Verwirrung der Gefühle", "Angst" und die sehr bekannte "Schachnovelle".

Bald aber wurde er zum Betrachter und Nachgestalter bedeutender Persönlichkeiten der Weltgeschichte; hiebei zeigt sich seine große Einfühlungsgabe. Einige dieser in essayistischer Form gehaltenen Geistesbildnisse fasste er in Reihen zusammen:
  • "Drei Meister" (Balzac, Dickens, Dostojewskij)
  • "Der Kampf mit dem Dämon" (Hölderlin, Kleist, Nietzsche)
  • "Drei Dichter ihres Lebens" (Stendhal, Tolstoi, Casanova)
  • "Sternstunden der Menschheit": über entscheidende Augenblicke der Menschheitsgeschichte, u. a. "Die Weltminute von Waterloo", "Die Marienbader Elegie", "Die Entdeckung Eldorados", "Der Kampf um den Südpol"
 
Seine groß angelegten biographischen Werke haben es in vielen Sprachen zu bedeutenden Bucherfolgen gebracht:
  • "Maria Antoinette"
  • "Maria Stuart"
  • "Magellan"
  • "Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam"
  • "Joseph Fouché"
 
Seine dramatischen Spiele, wie "Jeremias", ein Stück gegen den Krieg, erlangten weniger Bedeutung, die Stärke Zweigs lag im künstlerischen Essay.

1942 verübte er mit seiner Gattin in der Nähe von Rio de Janeiro Selbstmord, weil er die Hoffnung auf ein Ende des Krieges aufgegeben hatte und nicht mehr in dieser Welt leben wollte, die er nicht mehr als die seine begriff. In seiner Autobiographie "Die Welt von gestern", die erst nach seinem Tode erschien, hat er es ausgesprochen:
 
"Wenn wir Gejagten und Vertriebenen in diesen Zeiten, die jeder Kunst und jeder Sammlung feind sind, eine Kunst noch neu zu lernen hatten, so war es die des Abschiednehmens von allem, was einst unser Stolz und unsere Liebe gewesen."
 
Franz Karl Ginzkey (1871 - 1963)
Er ist ein echter Sohn der Donaumonarchie: seine Vorfahren stammten aus dem sudetendeutschen Raum um Reichenberg, er selbst ist in Pula, dem südlichen Adriahafen, geboren. Die ganze Spannweite des alten Österreich zeigt sich auch in seinen Werken.
 
Ginzkey ist ein bedeutender Erzähler, ein würdiger Nachfolger von Marie von Ebner-Eschenbach und Ferdinand von Saar, aber auch Lyriker. Aus seinen Werken spricht die Verbundenheit mit seiner österreichischen Heimat, Ehrfurcht, Zartheit, Innigkeit, Verträumtheit, dazu noch ein überlegener, feiner Humor, Heiterkeit und Lebensfreude.
 
Erzählende Dichtungen
Über 50 Bücher, meist Romane, Besinnliches und Unterhaltendes, hat Ginzkey in unermüdlicher Schaffenskraft veröffentlicht.

"Die Reise nach Komakuku" sind die Lebenserinnerungen des Dichters. Seine phantasiereiche Kinderzeit, Streiche der Jugend, Lern- und Wanderjahre als Offizier und Begegnungen mit bedeutenden Menschen, z. B. Rilke, schildert er in besinnlich-heiterer Art und gibt dabei ein glänzendes Kulturbild der alten Monarchie.

"Der Wundervogel": in diesem Roman läßt der Dichter einen alten österreichischen Doppeladler zu gespenstischem Leben erwachen und zu seinem lebenden Urbild ins Gebirge zurückkehren. Eine Fülle ironischer Bemerkungen über die Menschen zeigt die kritische Anschauung des Autors.

Lyrik
Ginzkeys Gedichte, Lieder, Hymnen, Balladen und Sprüche zeigen edle Form und Harmonie. Neben tiefer Innigkeit spricht auch aus der Lyrik oft sein gesunder Humor.
Die bekanntesten Sammlungen sind "Das heimliche Läuten", "Vom tieferen Leben" oder "Balladen aus dem alten Wien". Sagen und originelle Gestalten aus Wiens Geschichte werden hier lebendig, das bekannteste Gedicht daraus ist die "Ballade vom lieben Augustin".
 
Karl Kraus (1874 - 1936)

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Karl Kraus, Zeichnung von Lajos Tihanyi
 
Kraus gehörte zu den bedeutensten Persönlichkeiten der Ära der untergehenden Habsburgermonarchie. Er war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift "Die Fackel" und ein zynischer Kritiker seiner Zeit. Die Kritik richtete sich unter anderem gegen Missstände, Korruption, aber auch gegen die elitäre ("L'art pour l'art") Dichtung des "Jungen Wien".

Ebenso kritisierte er den modernen Journalismus, sprach von einer "Trockenlegung des weiten Phrasensumpfs", kämpfte gegen den Niedergang der Sprache und schrieb Aufsätze über Sprachprobleme.

Das bedeutendste seiner Bühnenwerke ist das Drama "Die letzten Tage der Menschheit" über den Ersten Weltkrieg. In dieser breit angelegten, personenreichen Tragödie zeigt Kraus den Untergang Österreichs nach dem ersten Weltkrieg und verbindet damit den Untergang der menschlichen Kultur. Mit furchtbarer Wucht erhebt er darin Anklage gegen die Nutznießer des Kriegs und seine Hintermänner.

Mit seiner Verwendung von Originalzitaten und Zeitungsnotizen bildet das Werk eine Vorstufe zum modernen Dokumentartheater. Da es sich an keinerlei dramatische Grundgesetze hält, ist es schwer aufführbar.

 

Quellen:
Schenk, I. (2015): DEUTSCH. Lehrbrief 27, 29 und 31, Dr. Roland GmbH, 2. Auflage, Wien
Mayer, Stephanie (2015): DEUTSCH. Literaturgeschichte 2, Dr. Roland GmbH, 8. Auflage, Wien
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