Theorie:

In vielen Ländern Europas waren ähnliche Reaktionen gegen den Naturalismus erfolgt. Viele Naturalistinnen und Naturalisten waren auch die ersten Schreibenden im Symbolismus und ihre Werke gehören teils dieser, teils der anderen Strömung an.
 
Vorläufer, die bereits im Kapitel "Naturalismus" behandelt wurden, waren:
  • Henrik Ibsen: seine Frühwerke "Peer Gynt" und sein Drama "Die Wildente" neigen sehr zum Symbolhaften und weisen auch viele neuromantische Züge auf
  • August Strindberg: wurde im Alter zum Mystiker und Symbolisten
  • Fjodor Dostojewski und Lew Tolstoi: kamen beide aus dem strengen Naturalismus, aber in die krassen Elendsbilder mischt sich eine mystische Religiosität, die auch oft schon symbolhafte Züge trägt
  • Gerhart Hauptmann: schrieb schon früh neben naturalistischen Dramen auch solche mit symbolischem Gehalt, während er später ins Mythische eindringt
 
Edgar Allan Poe (1809 - 1849)
Ein wichtiger Anstoß für den europäischen Symbolismus ging auch vom amerikanischen Dichter Poe aus. Die Furcht vor dem Tode durchzieht sein abenteuerliches Leben und sein dichterisches Schaffen. Die Angst trieb ihn dazu, seinen Blick auf jenseitige Dinge zu richten und nach geheimnisvoll-grausigen Themen zu greifen. Der Ästhet Poe strebte nach reiner Schönheit, die aber nicht hell und freudig ist, sondern sich im Dunkeln und oft Grässlichem verbirgt.
  
  
Literatur aus Europa
Ähnlich wie der Naturalismus können auch seine Gegenströmungen als eine gesamteuropäische Geistesbewegung bezeichnet werden, und in allen Staaten sind Vertreter zu finden.
 
Oscar Wilde (1854 - 1900)
 
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Er war der Hauptvertreter der englischen Dekadenzdichtung. Seine Gesellschaftskomödien zeichnen sich durch kunstvolle Dialogführung aus: "Lady Windermeres Fächer", "Ein idealer Gatte", "Frau ohne Bedeutung" und "Bunbury" werden auch heute noch gerne gespielt. Sein Einakter "Salome" wurde von Richard Strauss vertont.
 
"Das Bildnis des Dorian Gray"
Der schaurige Roman einer Ich-Spaltung mit seiner Sein- und Schein-Problematik begründete Wildes Weltruhm. Das Angesicht Grays, eines zutiefst verbrecherischen Menschen, bleibt unverändert schön, aber sein Porträt verändert sich in grässlicher Weise: alle Züge der Verworfenheit, der Lust und des Lasters lassen in unheimlicher Art ihre Spuren auf dem Bildnis zurück.
 
Als Mensch völlig gebrochen, ständig mit der Spaltung seines eigenen Ich ringend, starb Wilde - als allgemein anerkannter Dichter - in Frankreich.
 
William Butler Yeats (1865 - 1939)
Der irische Dichter wurzelte fest im Boden seiner Heimat und verschmolz das Übersinnliche aus dem irischen Volksglauben mit seinen symbolistischen Dichtungen, die stark von Mallarmé beeinflusst waren. Vergebens versucht er eine Eroberung des Theaters, denn aus seinen Dramen spricht immer nur der Lyriker. 1923 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.
 
Paul Valery (1871 - 1945)
Er zählt du den größten französischen Personen der Lyrik und pflegte die Kunst um ihrer selbst willen ("l'art pour l'art"). Schon mit 19 Jahren kam er in den Kreis Mallarmés und versuchte, in das innerste Wesen der Dinge, in das reine Sein vorzustoßen. Sein bestes und tiefstes Gedicht ist "Friedhof am Meer". Die Einwirkung seiner Lyrik auf die Zeitgenossinnen und Zeitgenossen war sehr groß.
 
Selma Lagerlöf (1858 - 1940)
Wenn Ibsen und Strindberg einen Höhepunkt in der symbolistischen Dramatik des Nordens erreicht haben, so ist Lagerlöf die beste skandinavische Erzählerin. Sie wurzelt mit ihren epischen Dichtung fest im Boden ihrer schwedischen Heimat. Dabei steht hinter ihren Werken die mystische Schau, das tief religiöse Erleben und die eigenartig-nebelhafte Welt der alten Sagen. 1909 erhielt sie den Literaturnobelpreis.
 
 
Literatur aus Deutschland
 
Stefan George (1868 - 1933)
 
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Der Rheinländer war das Haupt eines Dichtendenkreises und gab seit 1892 in Berlin die Zeitschrift "Blätter für die Kunst" heraus. Diese war nur für einen kleinen, erlesenen Kreis bestimmt. Diese "Artisten" (= reine Künstlerinnen und Künstler) standen im schärfsten Gegensatz zum Naturalismus, der die Kunst nur "verhässlichte", und wandten sich unter dem Einfluss Nietzsches gegen die Mechanisierung und Ungeistigkeit ihrer Zeit.

Sie wollen die Kunst um der Kunst willen pflegen und das Schöne in ihr suchen. Nicht aus dem Vollgefühl des Erlebnisses, nicht aus der Fülle der Leidenschaft heraus bahnt sich die Lyrik ihren Weg, sie schwebt über dem Gefühl. Sie wollten das Innenleben gegenüber einer Umwelt hüten, die es zu leicht missachtete.
 
George ist ein Lyriker von fast priesterlicher Würde. Er begründete den Ästhetizismus der neuromantisch-symbolistischen Richtung. Virtuos gestaltete er Klang, Rhythmus und Reim. Leuchtende Farben, Andeutung, Mystik, zarte und stilisierte Stimmung kennzeichnen seine formenstrenge Lyrik.
 
 
Thomas Mann (1875 - 1955)
  
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Thomas Mann, geboren in Lübeck, zählt zu den bedeutendsten modernen Romanciers. Die Wirkung seiner Werke beruht auf einem glänzenden, sorgfältig gepflegten und ruhig dahin fließenden Stil und auf genauer und reicher Beobachtung. Mann ist ein Meister der Einschachtelung und Verflechtung von Nebensätzen. In der Kunst der feinsten Nuancierung von Gefühlen und Stimmungen erreichte er höchste Meisterschaft.
 
Resignation, Pessimismus und feine Ironie durchziehen seine Romane und Novellen. Er ist Vertreter eines verfeinerten Naturalismus und der letzte Repräsentant des Spätimpressionismus, er zehrt von der Tradition des 19. Jahrhunderts und beleuchtet voll Geist den Niedergang der bürgerlichen Welt.
  
Werke (u.a.):
  • Buddenbrooks
  • Toni Kröger
  • Tod in Venedig
  • Der Zauberberg
  • Doktor Faustus
  • Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
  
Weitere deutsche Vertreterinnen und Vertreter:
  • Max Dauthendey
  • Hans Carossa
  • Rudolf Alexander Schröder
  • Christian Morgenstern
  • Hermann Hesse
  • Ricarda Huch
  • Gertrud von Le Fort
  • Isolde Kurz
  • Eduard Stucken
  • Rudolf Binding
  • Ernst Hardt 
 
Quellen:
Schenk, I. (2015): DEUTSCH. Lehrbrief 29, Dr. Roland GmbH, 2. Auflage, Wien
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