Theorie:

Unter regionalen Disparitäten versteht man räumliche Ungleichheiten bzw. Gegensätze, d.h. Gebieten mit einer gesunden Wirtschaftsstruktur, einer guten Umweltqualität, einer intakten Infrastruktur - also generell guten Lebensbedingungen - stehen benachteiligte Gebiete mit relativ schlechten Lebensbedingungen gegenüber. Ursachen der Disparitäten können auch Standortvorteile bzw. -nachteile sein.
 
Die regionalen Disparitäten sind vor allem durch den Gegensatz von Zentrum und Peripherie gekennzeichnet. Peripherie ist der Gegenbegriff zu Zentrum und meint immer eine Randlage, die hinsichtlich ihrer infrastrukturellen Ausstattung, ihrer Wirtschaftsentwicklung und ähnlichem benachteiligt ist. Regionen besitzen also eine bestimmte "Attraktivität". Diese Attraktivität wird besonders durch die räumlichen Gegebenheiten und die Lage bestimmt.
 
Zentren (Ballungsräume) oder Aktivräume
Ballungsräume sind durch Pull-Faktoren, also Anziehungskräfte einer Region, gekennzeichnet. Die wichtigsten Kennzeichen eines Ballungsraumes sind:
  • Hohe Bevölkerungsdichte
  • Steigende Bevölkerungszahl (u.a. durch Zuwanderung aus der Peripherie)
  • Hohes Pro-Kopf-Einkommen
  • Gutes Arbeitsplatzangebot
  • Hoher Anteil der im Dienstleistungsbereich Beschäftigten
  • Ausgebaute Infrastruktur (Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Verkehrseinrichtungen etc.)
  • Bedeutende Industriestandorte
Viele Menschen aus der Peripherie pendeln zu den Zentren oder wandern überhaupt dorthin ab. Die Zuwanderung von der Peripherie sorgt aber auch für Probleme in den Zentren. Dazu zählen vor allem der zusätzliche Wohnungsbedarf, eine steigende Arbeitslosigkeit (nicht alle finden einen Arbeitsplatz), der zusätzliche Bedarf an infrastrukturellen Einrichtungen (Kindergärten, Krankenhäuser etc.)
 
Ballungsräume in Österreich sind:
  • Rheintal: Bregenz, Dornbirn, Feldkirch, Bludenz
  • Inntal: Innsbruck, Kufstein, Wörgl, Hall
  • Salzburger Zentralraum: Salzburg, Hallein
  • Kärntner Zentralraum: Villach, Klagenfurt
  • Oberösterreichischer Zentralraum: Linz, Wels, Steyr, Enns
  • Grazer Zentralraum: Graz, Mur-Mürzfurche, Kapfenberg, Donawitz, Leoben, Knittelfeld, Bruck an der Mur
  • Wiener Zentralraum: Wien, Wiener Becken, Wiener Neustadt
 
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Abb. 1: Wien ist der mit Abstand bedeutendste Ballungsraum Österreichs
 
Peripherieräume, Passivräume oder Problemräume
Die Peripherieräume sind durch Push-Faktoren (Abstoßkräfte einer Region) gekennzeichnet. Wichtige Kennzeichen von Peripherieräumen sind:
  • Schlechte Lebens- und Wirtschaftsbedingungen
  • Geringe Bevölkerungsdichte
  • Negative Wanderungsbilanz (Abwanderung)
  • Geringes Pro-Kopf-Einkommen
  • Schlechte Arbeitsplatzmöglichkeiten
  • Hoher Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten
  • Unzureichende Infrastruktur
  • Kaum Industrie
 
Folgen für die Peripherieräume: Da die Bevölkerung der Peripherieräume weniger verdient, sinken gemeinsam mit den geringer werdenden Umsätzen auch die Steuereinnahmen. Mangelnde Steuereinnahmen machen einen Ausbau der Infrastruktur unmöglich - das Gebiet wird dadurch noch unattraktiver.
 
Generell wird zwischen zwei Typen von Peripherien unterschieden:
  • agrarisch geprägte periphere Regionen (Entwicklungsregionen): Abwanderung aufgrund mangelnder oder unzureichender gewerblicher, industrieller oder tertiärer Erwerbsmöglichkeiten. Bsp.: Mühl- und Waldviertel, Teile des Burgenlandes und entlegende inneralpine Täler
  • industriell geprägte periphere Regionen (strukturschwache Regionen): gekennzeichnet durch wirtschaftliche Stagnation oder Depression infolge von schrumpfender, veralteter, technologisch rückständiger Industrien. Bsp.: Obersteiermark (Mur-Mürzfurche)
 
Industrieregionen
In Österreich wird zwischen Industrie und Gewerbe unterschieden:
  • Industrie: Unternehmen, die Rohstoffe und Halbfertigwaren in größeren, mechanisierten Produktionsstätten ver- und bearbeiten
  • Gewerbe: kleinindustrielle Handwerksbetriebe, die bestimmte Grundstoffe be- und verarbeiten
 
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Abb. 2: Die OMV Raffinerie in Schwechat ist eine der größten Industrieanlagen Österreichs
 
Die österreichische Industrie ist mehrheitlich klein- und mittelständisch orientiert. Rund 40 % der Unternehmen haben weniger als 10 Beschäftigte. Österreich besitzt, im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl, einen der weltweit größten Industriesektoren. Dieser produziert direkt und indirekt rund 60 % der österreichischen Wertschöpfung und sichert mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze.
 
Strukturwandel in Industriegebieten
Die Auflösung der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg brachte die Zerstörung des bis dahin funktionierenden agrarischen und industriellen Geflechts. Erst die Zweite Republik konnte eine Umstrukturierung herbeiführen. Dabei hat sich der Wirtschaftsschwerpunkt, auch aufgrund der sowjetischen Besatzung und des Eisernen Vorhangs, von Osten in die westlichen Bundesländer verlagert. Außerdem wurde der Dienstleistungssektor massiv ausgebaut, womit der soziale Wandel vom industrialisierten Agrarland zur Dienstleistungsgesellschaft gelungen ist.
 
Beispiel Mur-Mürzfurche
Die Mur-Mürzfurche, eine Region in der Obersteiermark, ist ein sogenanntes "altes Industriegebiet", in dem seit Jahrhunderten Metall verarbeitet wird. Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert und Vorkommen von Eisenerz und Braunkohle führten zur Ansieldung von großen metall- und werkstoffverarbeitenden Betrieben. Heutzutage ist von der einst blühenden Industrieregion nicht mehr viel übrig. Die Mur-Mürzfurche repräsentiert eine Region mit schrumpfender, überalterter Industrie und hoher Arbeitslosigkeit.
Um gegen die Krise in der Region anzukämpfen wird die Ansiedlung von zukunftsträchtigen Unternehmen gefördert und eine Umstrukturierung hin zu einer weiterverarbeitenden und Finalindustrie forciert.
 
Quellen:
Abb. 1 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:T-Center_-_Vienna.jpg (17.05.2016)
Abb. 2 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:OMV_Oil_refinery_in_Schwechat,_Austria.jpg (17.05.2016)
Quellen: