Theorie:

In den einzelnen Staaten Europas hat die Landwirtschaft sehr unterschiedliche Entwicklungen durchlaufen - Ursache waren nicht nur naturräumliche Gegebenheiten, sondern auch politische Umstände, vor allem auch der Gegensatz zwischen freier Marktwirtschaft und sozialistischer Planwirtschaft.
 
Wandel der Landwirtschaft
  
Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten die meisten Staaten, ihrer Landwirtschaft unter die Arme zu greifen, um die eigene Versorgung sicherzustellen. Die Folge aber war teilweise eine Überproduktion ("Milchsee", "Schweineberg"). Als aber die staatlichen Förderungen zurückgenommen wurden, mussten viele Betriebe aufgelassen oder mit anderen zusammengelegt werden. So nahm (und nimmt noch immer) die Zahl der kleinen bäuerlichen Betriebe ab, die Zahl der großen landwirtschaftlichen Betriebe hingegen steigt.
  
Gab es im Jahr 1949 in der BRD noch mehr als eineinhalb Millionen (1.646.750) landwirtschaftliche Betriebe, die durchschnittlich je 10 Menschen ernähren konnten, so waren es im Jahr 2009 nur mehr 335.000 Betriebe, die aber jeweils durchschnittlich 140 Menschen versorgten.
  
  
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Abb. 1: Silo eines landwirtschaftlichen Großbetriebs
 
  
So gibt es heute neben modernisierten Klein-, Mittel- und Großbetrieben auch industrielle Großbetriebe wie zum Beispiel Kälber- und Hühneraufzuchtbetriebe mit mehreren 10.000 Tieren. Zwar sind diese verbreitet mit automatischen Anlagen ausgestattet, schaffen aber durch Stallmist und Gülle mitunter erhebliche Probleme für die Umwelt.
 
In den ehemals kommunistischen Staaten des östlichen Europa wurden nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems die oft riesigen Kolchosen und Sowchosen in privatrechtliche Genossenschaften umgewandelt oder gänzlich in das private Eigentum einzelner Personen übergeführt. Zudem wurden etragsschwache Betriebe stillgelegt.
  
Eine Kolchose war ein landwirtschaftlicher Großbetrieb, der genossenschaftlich organisiert war und dessen Bewirtschaftung durch das "sozialistische Kollektiv" der Mitgliederinnen und Mitglieder erfolgte. Im Gegensatz dazu war eine Sowchose ein Landwirtschaftsbetrieb im Staatsbesitz mit angestellten Lohnbeschäftigen.
 
Ein besonderes Problem ist die Landflucht, da immer weniger junge Leute die unrentablen Betriebe ihrer Eltern übernehmen wollen und sich in den Städten bessere Bildungsmöglichkeiten, mehr Kommunikation und vor allem eine Auswahl verschiedener Arbeitsmöglichkeiten erhoffen.
 
Einfluss der Natur
Der Einfluss der Natur auf die Landwirtschaft ist in Europa besonders ausgeprägt:
  • Nordeuropa: kurze Vegetationsperiode infolge der Kälte und des Mangels an Licht
  • Mitteleuropa: ausreichend lange Vegetationszeit mit Niederschlägen zu allen Jahreszeiten
  • Südeuropa: lange Trockenperioden in heißem Sommerklima
  
Unterschiede ergeben sich aber auch durch den Einfluss des Meeres:
  
  
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Abb. 2: Das Meer beeinflusst das Klima Europas
  
  • Westen: feucht und mild mit geringen Temperaturgegensätzen
  • Osten: große Temperaturschwankungen mit trockenem Sommer und kaltem Winter
Weitere Unterschiede ergeben sich durch das Relief und die Böden: Das Gelände vieler Gebirgslandschaften erlaubt keinen Einsatz arbeitssparender Maschinen und ist daher durch den notwendigen Einsatz von mehr Arbeitskräften nur unter höherem Kostenaufwand zu bewirtschaften; das aber schwächt deren Möglichkeit, sich am Markt zu behaupten.
  
  
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Abb. 3: Im Gebirge ist Bewirtschaftung kostenintensiver
 
Der Kampf um den Markt
Die Politik der Europäischen Union ist vom Grundsatz der freien Marktwirtschaft beherrscht. So gibt es auch in der Landwirtschaft einen Wettbewerb, der vor allem dann spürbar wird, wenn die in Konkurrenz stehenden Betriebe unterschiedliche Voraussetzungen haben. Beispiele:

  • Österreichische Bergbäurinnen und -bauern können ihr Fleisch und ihre Milch nicht so billig auf den Markt bringen wie Massentierhaltungsbetriebe in den großen Ebenen Deutschlands, Hollands oder Frankreichs.
  • Der Obstanbau in Südtirol steht in Konkurrenz mit dem im Bodenseegebiet oder an der Mündung der Elbe.
  • Die Rinder- und Schafhaltung im deutschen Nordseeraum ist teuer, da die Tiere über den Winter durchgefüttern werden müssen, während die Rinder und Schafe an der französischen Atlantikküste das ganze Jahr über weiden können.
     
     
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Da aber die in der Landwirtschaft Tätigen auch die historisch gewachsene Landschaft erhalten, erlaubt die EU Direktzahlungen an Betriebe in strukturschwachen Regionen.
 
Verteilung in Österreich
Übersicht über die landwirtschaftliche Nutzungsverteilung in Österreich:
  • Viehhaltung: östlich des Weinsberger Waldes, Hochalpengebiet
  • Ackerbau: Karpatenvorland, Wiener Becken, nördliches Burgenland
  • Weinbau: Niederösterreich, Burgenland, Steiermark
  • Obstbau: Niederösterreich (Wachau, Weinviertel), Steirisches Hügelland, Kärntner Ebene (Klagenfurter Becken, Gailtal), Vorarlberg (Rheinebene), Tirol (Unterinntal)
 
Quellen:
Roland, M. (Hrsg.): GEOGRAPHIE. Lehrbrief 4, Dr. Roland GmbH, Auflage 12/2015, Wien
https://pixabay.com/de/silo-grain-elevator-garner-massen-56829/ (27.6.2016)
https://pixabay.com/de/meer-wasser-blau-gras-dünen-193803/ (27.6.2016)
https://pixabay.com/de/bauer-bergbauer-arbeit-wiese-mähen-809091/ (27.6.2016)