Theorie:

 
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Gotthold Ephraim Lessing,
von Anna Rosina de Gasc,
 1767/1768
  
Gotthold Ephraim Lessing (1729 - 1781) stammte aus Kamenz in der Lausitz (Sachsen) und war Sohn eines Pastors. Er studierte Theologie, Philosophie und Medizin, lebte abwechselnd in Leipzig, wo er das Theater der Neuberin kennen lernte, in Berlin als Journalist und freier Schriftsteller, in Breslau als Sekretär, in Hamburg als Dramaturg und schließlich in Wolfenbüttel als Bibliothekar. Er hatte Verbindung mit Kreisen der preußischen Anakreontik* und war mit Aufklärerinnen und Aufklärern befreundet. Sein Leben wurde durch den Tod seiner geliebten Frau, Eva König, verdunkelt, ferner auch durch unerquickliche theologische Fehden gegen den Pastor Goeze.
 
Lessings umfangreiches literarisches Schaffen umfasst folgende Gruppen:
  • Fabeln
  • Lyrik
  • Theoretische (kritische) Schriften
  • Dramen
  
 
1. Lessings Fabeln
  
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Arabische Illustration, "Der Fuchs und die Krähe"
 
Im Gegensatz zu Lafontaine, Hagedorn und Gellert bevorzugte Lessing in seinen Fabeln die Prosa. Sie sind durch hohen sittlichen Ernst ausgezeichnet. Zum Beispiel ändert er die Fabel "Der Rabe und der Fuchs", die dem griechischen Dichter Äsop zugeschrieben wird, so ab, dass der Rabe keinen Käse, sondern ein Stück vergiftetes Fleisch im Schnabel hält; der Fuchs, der es ihm abgelistet hat, verschlingt es und stirbt: "Möchtet ihr euch nie etwas anderes als Gift erloben, verdammte Schmeichler!"
 
Weitere Fabeln Lessings: "Der Fuchs und der Storch", "Die Traube", "Der Rangstreit der Tiere", "Die Eiche".
"Der Affe und der Fuchs"
 
Nenne mir ein so geschicktes Tier, dem ich nicht nachahmen könnte! so prahlte der Affe gegen den Fuchs. Der Fuchs aber erwiderte: Und du, nenne mir ein so geringschätziges Tier, dem es einfallen könnte, dir nachzuahmen.
 
Schriftsteller meiner Nation! - Muss ich mich noch deutlicher erklären?
 
In Lessings "Abhandlungen über die Fabel" formuliert er folgende berühmte Begriffsbestimmung:
"Wenn wir einen allgemeinen moralischen Satz auf einen bestimmten Fall zurückführen,
diesem besonderen Falle die Wirklichkeit erteilen und eine Geschichte daraus dichten,
in welcher man den allgemeinen Satz anschauend erkennt: so heißt diese Erdichtung
eine Fabel."
 
2. Lessings Lyrik

Lessings Gedichte sind zum Teil lebenslustige und humorvolle anakreontische Lieder, zum Teil scharf zugespitze Sinngedichte:
Die Sinngedichte an den Leser

Wer wird nicht einen Klopstock loben?
Doch wird ihn jeder lesen? - Nein.
Wir wollen weniger erhoben
Und fleißiger gelesen sein.
 
Auch Oden hat Lessing geschrieben, doch liegt seine Stärke nicht auf diesem Gebiet.
 
*Anakreontik (griech.) ist eine nach dem altgriechischen Lyriker Anakreon (6. Jh. v. Chr.) benannte Stilrichtung der deutschen und europäischen Dichtung Mitte des 18. Jahrhunderts (Rokoko). Sie ist verspielt-galant und kreist um die Themen Liebe, Freundschaft, Natur, Wein und Geselligkeit. Die Anakreontik geht auf die Lyriksammlung Anakreonteia zurück.
 
Quellen:
Roland, M. (Hrsg.): DEUTSCH. Lehrbrief 13, Dr. Roland GmbH, Auflage 08/2015, Wien
https://de.wikipedia.org/wiki/Anakreontik, 24.06.2016
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gotthold_Ephraim_Lessing.PNG, 02.06.2016
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fox_and_crow.jpg, 24.06.2016