Theorie:
Die Stadt
Der Urbanisierungsporzess - Urbanisierung bedeutet Verstädterung - begann im Zuge der Industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert. In diesem Zeitraum entstanden mit London, Paris, Berlin und Wien die ersten Millionenstädte. Zwischen 1900 und 1975 hat sich die Zahl der Städte mit mehr als einer Million Einwohnern verzehnfacht. Seit 2000 ist die Stadtbevölkerung erstmals größer als die Landbevölkerung. Im Jahr 2025 wird es wahrscheinlich rund 100 Städte mit mehr als 5 Millionen Einwohnern geben. Verstädterung ist ein globaler Prozess, der nun auch in Entwicklungsländern atemberaubend schnell abläuft. In den Industriestaaten hingegen wächst die Stadtbevölkerung langsamer.
Abb. 1: Die chinesische Stadt Shenzhen am Rande Hongkongs hatte 1979 nur 30.000 Einwohner, im Jahr 2011 etwa 10,5 Millionen.
Merkmale von Städten:
- Mindestgröße - Die Definition "Stadt" geht von einer bestimmten Bevölkerungszahl aus und ist in verschiedenen Regionen unterschiedlich. In Österreich unterscheidet man Kleistädte (5 000 - 20 000 Menschen), Mittelstädte (20 000 - 100 000 Menschen) und Großstädte (über 100 000 Menschen). Im Vergleich dazu wird der Begriff "Stadt" in Dänemark bereits ab einer Bevölkerungszahl von 200, in Japan jedoch erst ab 30 000 verwendet.
- Städtische Siedlungsform - dichte und geschlossene Verbauung
- Dichtes Verkehrsnetz - U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse, Autostraßen, Fahrradwege und Fußgängerzonen
- Verwaltungseinrichtungen - Rathaus, Ministerien, Ämter, Polizei
- Ausgebildetes Gesundheitswesen - Krankenhäuser, praktische und spezialisierte Ärzte und Ärztinnen
- Industrie - Ansiedlung unterschiedlicher Industriezweige
- Dienstleistungsbetriebe - Handel, Banken, Versicherungen, Hotels und andere Gastgewerbebetriebe
- Großes Freizeitangebot - Kultureinrichtungen, Museen, Theater und Kinos, Diskotheken, Bäder, attraktive Naherholungsgebiete
- Mannigfaltige Ausbildungsmöglichkeiten - viele Studierende und Universitäten
- Städtische Berufsstuktur - große Anzahl an Dienstleistungsberufen und Berufen in Industrie und Gewerbe
- Einpendelung und Zuwanderung - die städtischen Ballungsgebiete führen durch ihre Attraktivität zu weiterer Zuwanderung
Abb. 2: Urbanisieurngsgrad weltweit in Prozent
Verstädterung - Ursachen und Folgen
Unter Verstädterung (Urbanisierung) versteht man das Anwachsen der Stadtbevölkerung gegenüber der Landbevölkerung. Die Verstädterung ist in der ganzen Welt zunehmend, in geringem Grad auch in Österreich. Gravierend ist die Verstädterung aber vor allem in den Entwicklungsländern. Hauptursache der Verstädterung ist Landflucht.
Unter Landflucht versteht man die Abwanderung aus unattraktiven Landgebieten in attraktive Stadtregionen - meistens Industriestädte. Landflucht ist heute ein Massenphänomen vor allem in der Dritten Welt. Ursache ist die Mechanisierung der Landwirtschaft mit folgender steigender Arbeitslosigkeit, die Menschen ziehen daher in die Stadt, weil sie sich dort - oft vergeblich - bessere Lebensbedingungen erwarten. Mitunter spielen aber auch falsche Vorstellungen vom Stadtleben eine Rolle. In den Dritte-Welt-Ländern mündet der Traum vom besseren Leben oft in einem Albtraum - Gelegenheitsarbeiten, Arbeitslosigkeit, Prostitution und Kriminalität führen zu Verelendung und sozialen Spannungen.
Durch die Urbanisieurng entstehen Megastädte und Stadtverbände, deren Bevölkerungszahlen nur mehr geschätzt werden können. Die Urbanisierung führt zu größerer Verkehrsdichte, Lebensfeindlichkeit der Umwelt, sozialer Isolation, Luftverschmutzung und in Folge oft zur Verödung der Innenstädte. Die Verstädterung in den wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern führt aufgrund von Wohnraumnot und Arbeitslosigkeit zwangsläufig zu Slumbildung.
Abb. 3: Ein Slum in der philippinischen Hauptstadt Manila
Als Slums werden am Rande von Großstädten gelegenen Elendsquartiere bezeichnet. Hier lebt vor allem die unterpriviligierte Bevölkerung in Notunterkünften mit mangelhaften sanitären Einrichtungen. Slums entstehen auf ungenutzen Flächen zumeist ohne Plan und Genehmigung. Es fehlt praktisch an allem: kaum elektrische Versorgung, kaum Trinkwasser, kaum hygienische Einrichtungen (Abfallbeseitigung, sanitäre Anlagen, Kanalisation, medizinische Versorgung), kaum Schulen und Kindergärten usw.
Durch das unkontrollierte Wachstum der Slums wuchsen die Städte der Dritten Welt zu Megastädten wie z.B. Kalkutta, Mexiko City, Bombay, Sao Paulo, Rio de Janeiro, Kairo usw.
Megastädte können aber auch durch das Zusammenwachsen einzelner Städte (Städtebänder) entstehen, wie z.B. der Großraum Tokio-Yokohama, Boswash (Boston-Washington), Chipitts (Chicago-Pittsburgh) und Sansan (San Diego-San Francisco). Eine solche Stadtlandschaft, in der mehrere Riesenstädte zusammengewachsen sind, bezeichnet man auch als Megalopolis. Megastädte mit wirtschaftlich weltweiter Bedeutung werden auch als Global Cities bezeichnet - dazu zählen New York, London und Tokio.
Quellen:
Abb. 1: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Shenzhenshi.jpg (27.06.2016)
Abb. 2: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Urbanized_population_2018.png (27.06.2016)
Abb. 3: saiko3p / Shutterstock.com (22.12.2022)