Theorie:

Die derzeit gültige Rechtsgrundlage der Europäischen Union ist der Vertrag von Lissabon (in Kraft getreten am 1. Dezember 2009). Dieser Vertrag hat das Hauptziel der Union aus den früheren Verträgen in seinem Artikel 3 übernommen:
Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen der Völker zu fördern.
Hierbei zu beachten ist die Reihenfolge: in erster Linie soll es um den Frieden gehen, danach um die gemeinsamen Werte und - last but not least - um die Wirtschaft.
 
Dazu brachte der Vertrag von Lissabon wesentliche Neuerungen:
  • Stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente bei der Rechtssetzung der EU
  • Erweiterung der polizeilichen und justiziellen (vor allem gerichtlichen) Zusammenarbeit
  • Einführung einer Europäischen Bürgerinitiative (erforderlich: 1 Million Unterschriften)
  • Ausbau der Kompetenzen des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik
  • Rechtsverbindlichkeit der EU-Grundrechtecharta
  • Einführung der Möglichkeit eines EU-Austritts
Mit dem Vertrag von Lissabon wurden zudem zwei neue Stellen geschaffen, die den Zusammenhalt der Union und ihr gemeinsames Auftreten auf der Weltbühne stärken sollten:
 
PräsidentIn des Europäischen Rates - erster Amtsinhaber war der frühere belgische Regierungschef Herman van Rompuy. Sein Nachfolger ab November 2014 ist der bisherige polnische Premierminister Donald Tusk.
  
Donald_Tusk_(6165309851).jpg
Abb. 1: Donald Tusk - seit November 2014 Präsident des Europäischen Rates
 
Hoher Vertreter / hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik - erste Amtsinhaberin war die Britin Catherine Ashton. Seit November 2014 ist ihre Nachfolgerin die bisherige italienische Außenministerin Federica Mogherini.
 
Federica_Mogherini_Official.jpg
Abb. 2: Federica Mogherini - Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik
 
Ziele der Europäischen Union
 
Im Vertrag von Maastricht (1992) über die Gründung der Europäischen Union wurden die Hauptziele der Union formuliert:
  • Überwindung der Teilung des europäischen Kontinents durch Schaffung fester Grundlagen für die Gestalt des zukünftigen Europa
  • Verwirklichung der Grundsätze der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit
  • Stärkung der Solidarität zwischen den Völkern unter Achtung ihrer Geschichte, Kultur und Tradition
  • Stärkung der Demokratie und Effizienz in der Arbeit der Organe der Union, damit diese in die Lage versetzt werden, die ihnen übertragenen Aufgaben in einem einheitlichen institutionellen Rahmen besser wahrzunehmen
  • Stärkung und Kovergenz ihrer Volkswirtschaften und Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion, die eine einheitliche, stabile Währung einschließt
  • Entschlossenheit, im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarktes sowie der Stärkung des Zusammenhalts und des Umweltschutzes den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt ihrer Völker unter Berücksichtigung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung zu fördern und Politiken zu verfolgen, die gewährleisten, dass Fortschritte bei der wirtschaftlichen Integration mit parallelen Fortschritten auf anderen Gebieten einhergehen.
  • Einführung einer gemeinsamen Unionsbürgerschaft für alle Staatsangehörigen ihrer Länder
  • Verfolgung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wozu auch die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, und damit die Stärkung der Identität und Unabhängigkeit Europas, um Frieden, Sicherheit und Fortschritt in Europa und in der Welt zu fördern
  • Förderung der Freizügigkeit unter gleichzeitiger Gewährleistung der Sicherheit ihrere Bürgerinnen und Bürger durch den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
  • Weiterführung des Prozesses der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas, in der die Entscheidungen entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip möglichst bürgernah getroffen werden
 
Grundlagen der Europäischen Union
Nicht nur in staatlich-souveräner Hinsicht sind die Mitglieder selbstständig, sondern auch - und ganz besonders - in kulturellen, bildungspolitischen und sozialen Belangen. Gebräuche, Traditionen und Sprachen sind Angelegenheiten der einzelnen Mitgliedsländer. Damit strebt die EU weiterhin nach Vielfalt und nicht nach einer Einheitskultur.
 
Subsidiarität
Probleme und Fragen sollen stets auf jener Ebene gelöst werden, auf der sie entstehen. Maßnahmen lokaler Natur sollen auch auf lokaler Basis (Gemeinden, Regionen) beschlossen und durchgeführt werden. Erst wenn ein Problem auf lokaler Basis nicht gelöst werden kann, soll die nächst höhere Eben eingebunden werden (Reihenfolge: Gemeinde - Region - Staat - Union). Ein Eingreifen der höheren Ebene darf jedoch nur mit Einverständnis der unteren Ebene erfolgen.
 
Grund- und Menschenrechte
Das Rechtsverständnis der EU beruht auf den Grund- und Menschenrechten. Alle Menschen haben ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, Religion oder politischen Überzeugung die gleichen Rechte und werden vor dem Gesetz gleich behandelt. Weiters besteht Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und das Recht freier Religionsausübung. Auch die Intimsphäre der Bürger soll durch zahlreiche Regelungen (Datenschutz) geschützt werden.
Obwohl die Grund- und Menschenrechte schon bisher abgesichert waren, beschloss die EU 2000 eine eigene Grundrechtscharta, die seit dem Vertrag von Lissabon rechtsverbindlich ist.
Die EU versucht, den Grund- und Menschenrechten auch außerhalb ihres eigenen Bereichs zur Geltung zu verhelfen, wirksam vor allem bei jenen Staaten, die um Aufnahme in die Union ansuchen.
 
Offenheit für weitere Mitglieder
Schon seit der Gründung ihrer Vorgängergemeinschaften hat sich die Union stets als offene Gemeinschaft verstanden. Voraussetzung jedoch war schon damals, dass die beitrittswilligen Länder nicht nur mit ihrer Wirtschaftskraft zur Union passen und in der Lage sind, dem innergemeinschaftlichen Wettbewerb standzuhalten, sondern auch die Wertvorstellungen der Union übernehmen und vor allem demokratisch sind.
 
Karte_EU-Erweiterungen.png
Abb. 3: Die EU im Jahr 2016 und ihre Beitrittskandidaten (grau)
 
Quellen:
Abb. 1: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Donald_Tusk_(6165309851).jpg (13.06.2016)
Abb. 2: https://en.wikipedia.org/wiki/File:Federica_Mogherini_Official.jpg (13.06.2016)
Abb. 3: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Karte_EU-Erweiterungen.png (13.06.2016)