Theorie:

Hierbei handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für verschiedene Strömungen rund um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert, die sich - wie die anderen Richtungen in diesem Kapitel - als Gegenströmungen zum Naturalismus entwickelten. Einflüsse kommen beispielsweise mit Oscar Wilde aus Irland oder Anton Tschechow aus Russland.
 
Die Bezeichnung "Décadence" geht auf den französischen Lyriker Paul Verlaine (siehe Theoriekapitel Symbolismus) zurück, der als Vertreter des Symbolismus gilt. Er sagte von sich:

Je suis l’Empire à la fin de la Décadence.
(Ich bin das Imperium am Ende der Dekadenz).

Der Kulturpessimismus ist eine europäische Zeiterscheinung, die im ausgehenden 19. Jahrhunderts den Verfall der alten Kultur des Abendlandes vorausahnte. Diese Dichtung des Verfalles (= Dekadenzdichtung) zeigte sich schon im Impressionismus. Die Fin-de-siècle-Stimmung durchzieht mit ihrer Melancholie und mit dem Grauen vor dem Vergehen des Schönen viele Dichtungen der Jahrhundertwende. (Fin de siècle = Ende des Jahrhunderts)
  
  
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Das Bild "Der Schrei" von Edvard Munch gilt als Symbol des Fin de siècle


Die französischen Dichter Baudelaire und Verlaine begründeten die Dekadenzdichtung. Sie kam um die Jahrhundertwende nach Deutschland und Österreich, wo der Kulturpessimismus Arthur Schopenhauers und die Psychoanalyse Freuds maßgeblich auf die Dichtung einwirkten.

Man liebte den Heroismus der Schwäche, die Melancholie und das Krankhafte (aber nicht das Hässliche), man suchte die verwickelten und widerspruchsvollen Vorgänge in der Seele des Menschen zu ergründen. Die zunehmende Feinnervigkeit führte zu einem Hinhorchen auf die subtilsten Stimmungen des Ich und auf den Wohlklang, also das Musikalische der Sprache.

Daraus erklärt sich, dass die lyrische Dichtungsgattung bevorzugt wurde. Die Lyrik nimmt auch auf das Drama starken Einfluss und löst es in Stimmungsmalerei auf. Die Handlung tritt in den Hintergrund. Da eine seelische Stimmung naturgemäß nicht von so langer Dauer ist, liebte man den Einakter (Arthur Schnitzler und Hugo Hofmannsthal sind hier die bedeutendsten Vertreter).
 
Der Kulturpessimismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchzieht mit seiner Stimmung des Niederganges und der Melancholie viele Literaturströmungen der Zeit. Die Literatur ist geprägt durch Feinnervigkeit und subtile Stimmungen.
  
Merkmale
 
  • Überfeinerung im Sinne einer subjektiv-ästhetizistischen Kunst- und Weltanschauung
  • anti-bürgerliche, anti-moralische, anti-realistische Selbstbestimmung des Menschen
  • Wechselspiel von Lebenslust und Lebensüberdruss
  • Aufhebung traditioneller Erzählstrukturen
  • rätselhafte Verschränkung von Handlung und Figuren
 
Vertreter sind unter anderem:
 
  • Peter Altenberg
  • Rainer Maria Rilke
  • Hugo von Hofmannsthal
  • Thomas und Heinrich Mann
  • Arthur Schnitzler
  • Hugo von Hofmannsthal
 
Quellen:
Mayer, Stephanie (2015): DEUTSCH. Literaturgeschichte 2, Dr. Roland GmbH, 8. Auflage, Wien
Schenk, I. (2015): DEUTSCH. Lehrbrief 28, Dr. Roland GmbH, 2. Auflage, Wien
https://pixabay.com/de/edvard-munch-schrei-malerei-terror-1332621/ (1.6.2016)