Theorie:

Lamarckismus: Nachdem Lamarck erkannt hatte, dass sich Arten stetig verändern und auf diese Weise Stammbäume von Arten aufstellen konnte, suchte er nach einer treibenden Kraft, die hinter der Veränderung stand. Für ihn war klar, dass es eine Verbindung zwischen den erworbenen Eigenschaften der Eltern und den Merkmalen der Nachkommen geben musste. So stellte er sich vor, dass die Vorfahren der Giraffen ihre Hälse gestreckt haben, um zu den obersten Blättern zu kommen. Diese Streckung der Hälse sollte nun dazu führen, dass ihre Nachkommen gleich mit längeren Hälsen auf die Welt kommen würden. Diese Theorie würde gut erklären, warum die Evolution so zielgerichtet zu wirken scheint. Allgemein formuliert: "Die erworbenen Merkmale der Eltern können auf die Nachkommen vererbt werden".
 
Diese Theorie ist elegant, einfach und leider falsch. Denn Lamarckismus würde bedeuten, dass der Vater sich ins Solarium legt und die Kinder eine dunkle Hautfarbe haben; oder dass die Mutter den Führerschein macht und die Kinder Auto fahren können. Doch die Erfahrungen eines Organismus haben keinen Einfluss auf die weitergegebenen Gene.
 
ZUSATZ: Ein noch junger Wissenschaftszweig der Genetik, die EPIGENETIK, beschäftigt sich mit der Frage, wieviel Einfluss die Umwelt auf das Genom eines Organismus hat. Die Forschung zeigt, dass die Ablesung von Genen auch durch Umwelteinflüsse mit Hilfe epigenetischer Marker (DNA-Methylierung bzw. Acetylierung der Histone) gehemmt bzw. ausgelöst werde kann. Die Gesamtheit der epigenetischen Marker wird als Epigenom bezeichnet, dieses kann unter bestimmten Umständen an die Nachkommen weitervererbt werden. Diese Erkenntnis rückt Lamarcks Überlegung, dass individuelle Anpassungen weitervererbt werden können, wieder ins Zentrum des Interesses.
 
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Abb. 1

Darwinismus: Um bei dem Beispiel der Giraffen zu bleiben; bei der darwinistischen Evolution gibt es in der Giraffenherde eine Variation des Merkmals "Halslänge". Jene Giraffen mit längeren Hälsen bekommen mehr Futter, sind besser genährt und gesünder und können somit mehr Nachkommen haben als die Giraffen mit etwas kürzeren Hälsen. Gene sind dafür verantwortlich, wie lang der Hals einer Giraffe wird. Wenn nun Giraffen mit "Langhals-Genen" mehr Nachkommen haben, bedeutet dies, dass in der nächsten Generation mehr Individuen mit langen Hälsen sind.
 
Ergänzung: Interessanterweise war Darwin selbst Zeit seines Lebens Lamarckist. Er glaubte, dass es kleine Teilchen gäbe, die die Erfahrungen eines Organismus auf den Zellkern übertragen würden. Die Tragweite seiner eigenen Erkenntnisse war ihm nicht bewusst. Für ihn waren "Lamarckismus" und die "natürliche Selektion" einfach zwei Kräfte der Evolution, die einander ergänzten aber nicht widersprachen.
 
Wichtig!
Der Unterschied zwischen Lamarckismus und Darwinismus liegt in der Vererbbarkeit erworbener Merkmale.
 
Quellen:
Ruso, Bernhart. 2011. BIOLOGIE. Skriptum. Wien: Dr. Roland GmbH, 2011. 3.Auflage 
Abbildung 1: https://pixabay.com/de/südafrika-hluhluwe-giraffen-muster-927281/ (20.07.2016)